über Dunkirk (2017, Regie: Christopher Nolan)
Dunkirk wirkt wie eine überlange Werbeschleife für ein schon überholtes Computerspiel aus der Battlefield- oder Call of Duty-Serie; ein Film, so entäußert wie Vaporwave, der bestenfalls ein abstrakt-postintentionales Eigenleben entwickelt, der archetypische Flop, wie Kevin Costners Waterworld, der vielleicht in einigen so wirklich blunt-schlechten Szenen schon den eigenen Umschlag ins Ironische exekutieren mag. Da ist keine Erzählung, kein plot, kein Stoff, kein Ausdruck, keine ›Idee, die, à la Inception, einmal eingepflanzt, dann fortsprießen kann‹, sondern nur Bilder, ästhetische stills wie aus einer Werbekampagne für ein schönes Modelabel. Die Bildabfolge ist erratisch-elliptisch, die Regie steht einem ZDF-Kriegsdrama nicht nach. Es offenbart sich geradezu monströs ein Unwille, ein Nichtwollen des Regisseurs.
Wo die res cogitans abschaltet, will die SZ zumindest einen »Großangriff auf die Sinne« erkennen. Stimmt, mir dröhnen noch die Ohren vom Heulen der deutschen Sturzkampfbomber und den satten Schüssen aus dem MG-Magazin. Es ging ja auch gut los mit der Anfangsszene von versprengten Soldaten in verlassenen Straßen, plötzlichem Beschuss und Flucht über eine rosenberankte Mauer in einem Hinterhof. Auch die Jagdfliegerszenen sind beeindruckend, die sich neigenden Cockpit-Einstellungen, die letztlich aber auch nur auf videospielbekannte Simulationen zu rekurrieren scheinen.
Vielleicht sollte der Regisseur beim nächsten Mal einfach wieder mit Schauspielern arbeiten (und mit dedication). Hier sind nur hübsche, verwuschelte Boys zu sehen. Da war Josh Hartnett in Pearl Harbor noch eindringlicher. Überhaupt nähert sich die Farbskala der nostalgisch-übersaturierten eines ›Holding Back the Years‹-Englands von Simply Red, zumindest in den nichtkombattiven Szenen. Diese fahl-erdigen Oliv- und Grau-, entkernten Brauntöne der Figuren bei Dunkirk, die doch zum Standardfilter des Kriegsspiels gehören, siehe zuletzt Fury, auch melodramatisiert-kontrapunktiert (à la ›Holding Back The Years‹) bei Pearl Harbor vom roten Kleid von Kate Beckinsale, der sunset-Ballonseide der Fallschirme und der überzeichnet-flatternden Wäsche im Wind, werden hier, bei Dunkirk, in die Weite gedehnt, deckungsgleich komplementiert vom Grau der Kriegsschiffe, Graugrün(blau) des Meeres und dem fahl-abgedunkelten Strand, was gut werden kann. Immense Momente, wie der Erschöpfung am Strand, setzen sich aber nie ganz ab, nicht gegen den Überstand an biederer Verve, biederem Pathos wie abgestandenes Bier. Den score von Hans Zimmer dann als »subtil« (SZ) zu bezeichnen, ist mehr als lachhaft, kennt er doch nur ein Register, das über alle Einstellungen rollt (ein Loop unter allen Schnitten durchgezogen).
Wie die Soldaten dann am Strand von Dunkirk queuen, als warteten sie auf den Bus, hat eine unfreiwillige Komik. Frauenfiguren sind bis auf zwei, drei flüchtige Momente komplett absent und diese sind dann so stereotyp (Krankenschwestern), dass die nicht im Bild zu sehenden wohl komplementär alle zuhause am hoffen, pie backen oder diggen for victory sein müssten. UKIP-glory? Immerhin, danke auch, sind die englischen Soldaten damals doch wieder auf den Kontinent zurückgekommen! 30-07-2017